Sowohl in Europa, als auch in der Welt, gilt Deutschland mittlerweile als moralische Instanz, die für Vernunft und Besonnenheit steht. Die Welt vertraut Deutschland – nicht umsonst wurde das europäische Geldsystem auf dem Vorbild der Bundesbank aufgebaut oder bestimmt die deutsche Haltung maßgeblich Entwicklungen der europäischen Politik. Grund für diesen Ruf ist nicht nur die wirtschaftliche Macht und der technologische Output des Landes, sondern auch eine raffinierte Diplomatie Deutschlands. Über Jahrzehnte hat es die Regierung geschafft nach außen geschlossen und neutral zu wirken. Ob es nun um Waffenhandel, die Gutenberg-Affäre, die mysteriösen Wechsel im Präsidentenamt, oder Bundeswehreinsätze im Ausland geht: kaum ein diplomatischer Dienst arbeitet so sauber und effektiv im Hintergrund, wie der deutsche. Während die ganze Welt Marine Le Pen, Nigel Farage und die jeweiligen populistischen Parteien dieser Figuren kennen, so weiß die Welt wenig über Deutschlands drittgrößte Partei. Es besteht keinen Zweifel an der globalen Macht Deutschlands, was aber natürlich auch bedeutet, dass viele Länder durch deutsche Politik betroffen sind. Darum ist es umso verwunderlicher, dass niemand so recht Bescheid weiß, was denn in dem Land passiert und noch viel weniger, was dieses Land außerhalb seiner Grenzen treibt.
“Man darf alles. Man darf sich nur nicht erwischen lassen”, scheint die Devise der deutschen Diplomatie zu sein – und für eine lange Zeit hat sich diese Strategie auch bewährt. Genauso wenig, wie das Ausland über deutsche Außenpolitik Bescheid weiß, so wissen auch die wenigsten Deutschen genaueres zu den etlichen Bundeswehreinsätzen im Ausland. Kongo, Sudan, Mauretanien, Jordanien und Mali kennt man nur peripher und bringt man schon gar nicht mit deutschen Soldaten in Verbindung. Der einzige prominente Einsatz ist die andauernde Stationierung deutscher Soldaten in Afghanistan. Was sie dort in der Wüste eigentlich machen ist jedoch auch niemandem so ganz klar. Horst Köhler hat mal irgendwas mit Wirtschaftskrieg oder so gesagt, aber war dann die Woche darauf schon kein Bundespräsident mehr, also ist es ja dann auch nicht so wichtig gewesen. Als die Türkei die ersten beiden Male in Syrien einmarschiert ist, um Terrorzellen zu zerschlagen war der Aufruhr in Deutschland groß – Menschen- und Völkerrechte würden ja verletzt. Dass aber zu der Zeit große Waffenlieferungen an kurdische Terrormilizen gesendet wurden konnte man nur wissen, wenn man sich durch die elendig langen Beschlüsse des Bundestages gelesen hat. Bei dem dritten Einsatz der Türken hat der türkische Staat mehr Panzer gekauft und gleich flogen durch die Nachrichten die Unterstützungsrufe der Politiker. In Mali werden seit Ewigkeiten die Uraniumvorkommen für die Franzosen gesichert, die sich natürlich auch finanziell und politisch erkenntlich zeigen und ein Stück vom Kuchen abgeben – offiziell wird dort der Wiederaufbau vorangetrieben. Wer hat denn da was kaputt gemacht, dass man es wieder aufbauen müsse und wie lange dauert so ein Wiederaufbau? Zudem scheinen die deutschen Soldaten so gut ausgebildet zu sein, dass sie Lehrer, Krankenschwester, Müllmann, Polizist und Arzt zugleich sein können.
Wie für viele Länder ist auch für Deutschland ein wesentlicher Teil der Außenpolitik das Geschäft. Klar, es wird auch den klassischen Tätigkeiten eines Außenministeriums nachgekommen, wie das Verhandeln von Freihandelsabkommen, das Gestalten europäischer Wirtschaftspolitik und die Pflege bilateraler Beziehungen. Neben diesen Aktivitäten, die im Fokus liegen, gibt es aber auch eine wirtschaftliche Agenda im Ausland. Durch die starke Rüstungsindustrie liegt es nahe, dass man den globalen Markt auch bedient, da das Produktionsvolumen den Eigenbedarf um ein Vielfaches übersteigt. Dazu kommt, dass deutsche Militärtechnologie international sehr beliebt ist. Neben dieser lukrativen Agenda sichert sich Deutschland auch durch den direkten Einsatz wichtige Ressourcen. Wie bereits erwähnt ermöglicht der Mali-Einsatz die günstige Versorgung deutscher Kernkraftwerke. In Afghanistan wird, zusammen mit anderen westlichen Mächten, eine wichtige Gas-Pipeline beschützt und dazu noch der globale Opiumhandel reguliert – Afghanistan trägt circa 80% des weltweiten Opiumexports.
Deutschland handelt im eigenen wirtschaftlichen Interesse und macht dies versteckt, leise und zielorientiert. Wenn auch moralisch verwerflich, sind diese Handlungen politisch einleuchtend und wirtschaftlich lukrativ. Das Problem ist jedoch an anderer Stelle. Während der deutsche Staat dieses raffinierte diplomatische Konstrukt aufrechterhält und weiter ausbaut, spielt die Bevölkerung gegen ihre eigenen Interessen. Durch das rapide Wachstum von rechtsradikalen Organisationen und Parteien, wie beispielsweise der Alternative für Deutschland (AfD), wird der so sorgfältig aufbereitete deutsche Ruf in Gefahr gebracht. Nach den Gräueltaten des 20. Jahrhunderts wird sich das deutsche Volk immer im Fokus der Weltöffentlichkeit finden, wenn es um Rassismus und Nationalismus geht. Auch das Recht ausgiebig und lautstark seinen Stolz auf das Land zu äußern haben die Deutschen leider verloren, obwohl sie auch auf lobenswerte Errungenschaften ihrer Kultur zurückblicken können. Durch die wachsenden rassistischen Bewegungen in Deutschland erschweren diese vermeintlichen Verfechter und Beschützer der Kultur es dem Staat effektiv zu agieren. Irgendwann wird die Weltöffentlichkeit auf den Fall AfD aufmerksam werden und man wird sich fragen, wie man es nach nicht einmal einem Jahrhundert wieder geschafft hat massenweise Rassisten auf die Straßen zu bekommen. Dieses Mistrauen wird sich nicht nur negativ auf den guten Ruf, sondern auch auf die Akzeptanz der deutschen Präsenz im Ausland auswirken. Bekanntlich wurde das Fundament der heutigen Europäischen Union auf Verträgen und Abkommen aufgebaut, die dazu dienten die deutsche Rüstungsindustrie zu kontrollieren. Keine 100 Jahre später wird eine nationalistische Partei mit 12% in den Bundestag gewählt und das zu einer Zeit, in der Deutschland einer der weltgrößten Waffenhändler ist und an strategischen Punkten seine Truppen stationiert hat. Egal wie professionell die Welt der Politik auch sein mag, es wird für viele Länder schwierig diese beiden Aspekte voneinander getrennt zu betrachten.
Abgesehen von den ethischen Problemen, die die rassistische Agenda der AfD und ähnlicher Organisationen mit sich bringt, ist die Präsenz dieser Partei auch aus technischer Sicht destruktiv für das Land. Über eine kurze Zeit wird man es mit Diplomatie und gegenwirkenden Beschlüssen schaffen die Welt davon zu überzeugen, dass man als Land nicht rückfällig wird. Langfristig werden jedoch die Fragezeichen größer. Mit der Zeit würde das Vertrauen in die Deutschen sinken und somit das politische Gewicht Deutschlands schwinden. Außenpolitisch müsste man sich dann zurücknehmen und letztendlich könnte der Populismus dazu führen, dass sich Deutschland zunehmend isoliert sieht. Ähnliches ist mit Großbritannien durch den Austritt aus der Europäischen Union passiert. Allerdings hat dieses Land keine zwei Weltkriege auf dem Gewissen und hat dadurch weniger außenpolitischen Schaden davongetragen. Den größten Nutzen würden rassistische Bewegungen dem Land bringen, wenn sie ihre Inhalte für sich behalten. Schließlich macht der deutsche Staat ja schon von alleine viel in Drittweltstaaten kaputt.